Nzira - Virginia Mukwesha "Nzira"
Virginia Mukwesha

Land: Simbabwe
Label/Vertrieb: Shava

Nzira heißt wörtlich "Der Weg". Es ist Virginia Mukweshas Debut-Album als Mbira- sängerin Komponistin. Mbira ist das höchstentwickeltste Lamellophon, das typische Instrument Afrikas.

Mehr als zwanzig Jahre hat Virginia Mukwesha nur die spirituelle Mbiramusik gespielt. Weil aber Frauen an gewissen Tagen nicht mit spirituellen Dingen in Kontakt kommen dürfen, hat sie jetzt -außer einer Coverversion- neue Mbira-Lieder komponiert, "damit Frauen Mbira 365 Tage im Jahr spielen können".

Unter Verwendung aller traditionellen Mbiramusikelernente hat Virginia Mukwesha ihren eigenen Mbirastil geschaffen. Er heißt Sunungukai und bedeutet "Musik, bei der ein Stein vom Herzen fällt". Für "Nzira" hat Virginia Mukwesha einfache, eingängige Melodien geschrieben. Ihre Musik ist cool, warm und ruhig.

Auf "Nzira" zeigt sich Virginia Mukwesha als ausdrucksstarke Sängerin, die die vier traditionellen Mbiragesangsstile mit eigenen Ideen befruchtet und weiterentwickelt. Man kann sie in der Musik lächeln hören!

Ihre Partner auf "Nzira" sind Chinembiri Chikodo, der als herausragendes Mitglied der National Dance Company of Zimbabwe bekannt wurde, mit Mbira, Perkussion und Gesang sowie Zimbabwes Top-Produzent und -Toningenieur Peter Muparutsa als Bassist, Sänger und Co-Produzent. Er machte auch die Aufnahmen in Harares Shed Studios. Vier Gitarristen verknüpften dabei die Mbira- mit Ngwarumapundu-Klangen. Andere Gastmusiker spielen Mundbogen oder Mbira.

Hintergrund:
Alle wissen, wie Film vor ihren Augen entsteht, wenn diesen mehr als 21 Bilder pro Sekunde gezeigt werden. Aber nur Afrikaner wissen, wie dasselbe Prinzip für die Ohren gilt und wie Hörfilme produziert werden: Für die Herstellung desakustischen Filmprojektors werden überall in Afrika an einem Ende plattgeschlagene, gestimmte Eisenzungen auf ein Brett gespannt, sodaß sie am anderen, freien Ende schwingen und Töne erzeugen können. Dann werden die Zungen in Registern gestimmt. Fertig ist das Lamellophon, das typische Instrument Afrikas. Auf dem Lamellophon können mehr Töne erzeugt werden, als das Ohr wahrnehmen kann, sodass es sich automatisch seine eigenen Musik-Filme erhört, indem es sich aus der Unmenge gespielter Töne eigene Melodien selektiert. Diese sogenannten "inhärenten Pattern" sind das Geheimnis der Kreativität der afrikanischen Musik. Sie werden als solche nicht gespielt, sondern nur gehört. Dasselbe Stück kann deshalb verschieden gehört werden, wenn das Ohr sich andere Melodie-Filme erhört. Auch können verschiedene Personen dasselbe Stück vollkommen anders hören.

Am wirksamsten wird das Lamellophon in Zimbabwe im südlichen Afrika gespielt: Dort heißt es Mbira und ruft in spirituellen Zeremonien bei Bedarf sogar die Geister toter Vorfahren herbei. Die Mbira-Lamellophon-Musik kann Besessenheit, Trance und Heilung bewirken, aber auch unterhalten und entspannen. Natürlich kann man auch zu ihr tanzen.

Die Harmonik, die Akkordfolgen und Elemente des Gesangs übernahmen die Mbiramusiker direkt von den Ur-Einwohnern Afrikas, den Khoi-San-Buschmännern/Pygmäen. Unter allen Völkern Afrikas nahmen nur die Shona von Zimbabwe mit ihrer Mbiramusik dieses Erbe an. Deshalb nimmt Mbira einen herausragenden, einzigartigen Platz unter den afrikanischen Musikstilen ein. Die zwanzig- oder vielleicht vierzigtausend Jahre alten Wurzeln dieser Musik und ihrer Wirkungen reichen tief in die Ursprünge menschlicher Spiritualität. Die ungefähr fünfzig für spirituelle Zwecke benutzten und seit tausenden Jahren existierenden Mbirawerke besitzen für Afrika einen Stellenwert wie klassische Musik für Europa. Alle Stücke zeichnen sich durch für uns ungewohnte Länge aus, da Virginia Mukwesha und ihre Musiker in einer Musikkultur arbeiten, in der ein Stück selten weniger als zwei Stunden dauert.

Das Erbe der Buschmann-Kultur wird von Virginia Mukwesha nicht nur implizit durch ihre Musik, sondern auch direkt benutzt: Auf dem ersten Stück setzt sie das typische Instrument der Khoi-San, den Mundbogen Chipendani, zu ihrer Mbira ein und erbringt den praktischen Beweis, daß die Mbiraharmonien denen des Mundbogens entsprechen (s.o. Khoi-San-Erbe) - abgesehen davon passen die Klänge beider Instrummente unglaublich gut zusammen (Track # 1 ).

Ebenfalls neu ist auf ihren anderen Kompositionen der Einsatz einer elektrischen Gitarre im Ngwarumapundu-Stil (besonders Tracks #3 & #5). Ngwarumapundu war einer der ersten Zimbabwer, die Mbiramusik auf Olivenölkanistergitarren übertrugen. Die unmittelbare Nähe Ngwarumapundus zur Mbiramusik wird von Mukwesha als Tor eingesetzt, um unseren Ohren den Weg zur Mbira zu öffnen.

Aber eigentlich ist die Mbiramusik mit all ihrer Magie auf Nzira nur eine Nebensache: Neben dem frei gestalt- und improvisierbarem Text-Gesang namens Kudeketera umfassen die klassischen Mbira-Gesangs-Stile noch drei non-verbale Stile: Brust- oder Kopfstimme jeweils als lautes Hauchen/Summen/Stöhnen/Schreien oder das Wechseln zwischen beiden namens Kunguridzira=Jodeln. Virginia Mukwesha kreiert mit ihrer Stimme einen kunstvollen Cocktail aus den alten Stilen mit neuen Techniken wie Rap, Kinderreimen, Scatgesang, Sprachspielen, Toasting... und zeigt uns ihre Welt des Virginia-Village. Sie singt vom Paradies auf der anderen Seite des Zaunes oder von ihrem geschundenen Land oder den Schwächen starker Männer...

(Info Shava Musik Florian Hetze www.shavamusic.de )

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